Redebeitrag der FWB in der Stadtvertretung zum Büchereistandort 2022

  |   Stadtvertretung

Sehr geehrte Damen und Herren,
heute steht die Bücherei wieder auf der Tagesordnung der Stadtvertretung.
Wir begrüßen die die jetzt vorliegende Gegenüberstellung der beiden möglichen Varianten zur Weiterentwicklung der Bücherei zum „Dritten Ort“. Die von der Politik gestellten Fragen wurden sachgerecht beantwortet, wenn für uns auch noch ein paar Fragen offengeblieben sind.      
Denn, die Kostenkalkulation der Verwaltung bezieht beim Vergleich des Neubaus auf dem Wischhof auch eine mögliche Wohnbebauung mit ein und rechnet die Einnahmen gegen. Eigentlich darf man diese beiden Punkte, Wohnbebauung und Bücherei, nicht verquicken. Eine Wohnbebauung ist auch ohne Bücherei, sogar im größeren Umfang, mit höheren Einnahmen, möglich. Die höheren Einnahmen würden dem Sondervermögen des Humburghauses sicherlich guttun. Laut Schenkungsvertrag sind die Flächen am Wischhof bestmöglich zu veräußern und die Erlöse sollen der Unterhaltung des Humburghauses zur Verfügung stehen.
Wenn man die reinen Baukosten der beiden Varianten vergleicht, kann man sich eigentlich nur für die Lösung am Holstenring entscheiden.  Die Verwaltung hat in ihrer Gegenüberstellung festgestellt, dass die Baukosten am Holstenring ca. 540.000,-€ günstiger sind als am Wischhof, hat aber nicht die Baulandkosten beim Wischhof einbezogen. Die müssten lt. Verwaltung aber mit 900.000,-€ angesetzt werden.  Der Vorteil liegt also bei ca. 1.440.000,-€. Dabei sind die über die Laufzeit zu zahlenden Zinsen noch gar nicht eingerechnet. Auf Grund der geringeren Bausummen liegt der Zinsvorteil bei ca. 700.000,-€, gerechnet mit 3 % auf 50 Jahre, bei Volltilgung. Damit liegt der Vorteil bei ca. 2,1 Mio. Euro.
Bei der Betrachtung „Wischhof“ könnte man, da das Grundstück der Stadt gehört, sagen „linke Tasche / rechte Tasche“. Dem ist aber nicht so. Die 900.000,-€ müssen dem Sondermögen des Humburghauses zugeführt werden. Auch wenn das Geld intern beliehen werden kann, steht es uns nicht zur freien Verfügung. Bei der Lösung am Holstenring könnten wir frei entscheiden, wann der Wischhof in welcher Größenordnung bebaut werden soll. Dies könnte in Eigenregie oder über einen Investor erfolgen. Bei einem Verkauf würden wir mindestens die oben genannten 900.000,-€ fürs Sondervermögen Humburghaus einnehmen. Bei einer Bebauung in Eigenregie sehen wir gerechnet auf 50 Jahren einen Überschuss von ca. 1,5 Mio. Euro.
Eine Entscheidung für einen Neubau am Wischhof kann man guten Gewissens nicht treffen. Die Verschuldung unserer Stadt ist immens. Das Eigenkapital wird ohne Gegensteuerung auf der Einnahmeseite, (da weise ich auf unser strukturelles Defizit hin), aber auch auf der Ausgabenseite, im nächsten oder übernächsten Jahr negativ sein. Wir müssen Prioritäten setzten und einzelne Maßnahmen verschieben. Vorrangig müssen wir uns bei den Investitionen mit dem geringen Spielraum, den wir haben auf den Erhalt unserer Infrastruktur konzentrieren. Wir können nicht einfach bis zu 1,6 Mio. Euro mehr für die Erneuerung der Bücherei am Wischhof ausgeben und auf die höheren Einnahmen aus der Wohnbebauung am Wischhof verzichten. Auch mit der Erneuerung am bisherigen Standort kann man die gleiche Größenordnung für den geplanten "Dritten Ort" erreichen.
Dies sind in unseren Augen die wesentlichen Punkte, die für die Lösung am Holstenring sprechen. Wenn wir heute darüber abstimmen sollten, werden wir uns für den Standort Holstenring entscheiden.

Aber sollten wir heute darüber abstimmen? Bei der letzten Stadtvertretersitzung haben wir einhellig beschlossen, die Entscheidung zu vertagen. Der Grund war, dass im Koalitionsvertrag der "neuen" Landesregierung ein Passus über die Weiterentwicklung von Büchereien zu sogenannten "Dritten Orten" gefördert werden sollen. Da die genauen Förderrichtlinien und Haushaltsmittel des Landes noch nicht bekannt sind wurde die Entscheidung vertagt. Bis heute liegen noch keine neuen Erkenntnisse diesbezüglich vor. Evtl. mögliche Förderungen sollen bei den Haushaltsberatungen im Dezember ersichtlich sein. Deshalb beantragen wir die Entscheidung bis zur Sitzung im Dezember oder Februar zu vertagen.

Vielen Dank
Peter Gottschalk,
Fraktionsvorsitzender