Rede von Michael Schönfelder im Hauptausschuss zum Thema Straßenausbaubeiträge

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Werte Kollegen,

ich hätte nicht gedacht, dass uns das Thema „Straßenausbaubeiträge durch die Anlieger“ so schnell einholen würde. Sie werden sich erinnern: Auf der Sitzung der Stadtvertretung vom 12.12.17 habe ich deutliche Worte zu diesem Thema gefunden. An unserer Einstellung hat sich bis heute nichts geändert. Unser Wunsch und unsere Forderung an das Land: Das Land solle - wie bereits in Baden-Württemberg und Hamburg praktiziert – die Straßenausbaukosten übernehmen. Auf keinen Fall käme für uns als Kompensation eine Erhöhung der Grundsteuer in Frage. Die Grundsteuer B ist bei uns mit einem Hebesatz von 390 im Vergleich zu den reicheren Kommunen bereits hoch genug. In der reichen Gemeinde Rellingen beispielsweise beträgt der Hebesatz nur 250. Der hohe Hebesatz wurde uns vonseiten des Landes als Grundvoraussetzung aufgezwungen, um in den Genuss sogenannter Fehlbetragszuweisungen für ärmere Kommunen zu kommen.

Ich sprach auch die Bitte an unsere Stadtvertreter aus, ihre Landtagsabgeordneten von unserem o.g. Wunsch zu überzeugen. Das war wohl nichts. Denn bereits zwei Tage nach der Stadtvertretung hob der Landtag per Gesetzesänderung die Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen auf. Die Kommunen sollen zukünftig selbst entscheiden, ob sie die Anlieger zur Kasse bitten sollen. Und in der Tat gibt es Landtagsabgeordnete wie z. B. den CDU-Abgeordneten Peter Lehnert, die diese Gesetzesänderung begrüßen. Es sei schließlich eine „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“, so Herr Lehnert. Das sehe ich, das sehen wir ganz anders: Wir sehen in dieser Gesetzesänderung ein Instrument, um arme Kommunen noch ärmer zu machen! Es kann doch nicht sein, dass die reichen Kommunen beispielsweise im Speckgürtel um Hamburg die Straßenausbaukosten übernehmen und wir als Fehlbetragsgemeinde, also als arme Kommune, von unseren Anliegern hohe Beiträge kassieren. Nein, auch wir müssen dann zwangsläufig unsere Anlieger von diesen Beiträgen entlasten. Wo bliebe sonst die Gerechtigkeit?

Apropos Gerechtigkeit: Ist die Erhebung von Anliegerbeiträgen überhaupt noch zeitgemäß? Die Anlieger nutzen die Straßen, um ihr Grundstück, ihre Auffahrt  zu erreichen. Das ist es! Sicherlich werden sie nach der jetzt noch gültigen Satzung je nach Einstufung der Straße zu unterschiedlichen Beiträgen herangezogen. Das ist ein Stück Gerechtigkeit, die wir auf Grund von Vorgaben von oben auch berücksichtigt haben. Ansonsten aber können alle Personen diese Straßen nutzen. Kaputt gefahren werden die Straßen durch schwere Fahrzeuge, aber kaum durch die Anlieger selbst. Als Paradebeispiel möge die Gebrüderstraße herhalten. In meiner Zeit als Stadtvertreter wird diese Straße bereits das zweite Mal saniert, die Anlieger also bereits zum zweiten Mal zur Kasse gebeten. Viele andere Straßen sind in dieser Zeit überhaupt noch nicht saniert worden. Oder die Mühlenstraße: Im nördlichen Teil zahlen die Anlieger nicht für den Straßenausbau, nur für die Bürgersteige, da es eine Kreisstraße ist. Im Innenstadtbereich ist die Mühlenstraße keine Kreisstraße mehr. Die Anlieger müssten dann auch für den Ausbau der Straße Beiträge zahlen. Also benachbarte Häuser in der Mühlenstraße werden unterschiedlich bewertet. Das alles kann doch nicht gerecht sein! Alle können die Straßen nutzen, dann müssen auch alle die Kosten mittragen. Deshalb unsere Forderung an das Land, zumindest für die Kompensation der wegfallenden Anliegerbeiträge zu sorgen.

Als Hilfe zur Umsetzung dieser Gesetzesänderung dient ein Schreiben aus dem Innenministerium vom 30.01.2018, das allen Stadtvertretern vorliegt. Ein ganz wichtiges Datum wird dort genannt: der 26.01.2018, der Tag des Inkrafttreten des Gesetzes. Ein weiteres wichtiges Datum ist für jede einzelne Baumaßnahme der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht. Das ist der Tag der Schlussabnahme der im Bauprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Liegt dieser Tag vor diesem 26.01.2018, muss nach unserer jetzt noch geltenden Satzung mit den Anliegern abgerechnet werden. Da gibt es überhaupt keine Alternative.

Für den Zeitraum ab dem 26.01.2018 kann unsere Beitragssatzung aufgehoben werden, auch rückwirkend aufgehoben werden. Und das sollten wir in unseren Augen auch tun!

Die BALL hat ihren Antrag in vier Punkten formuliert. Wir schlagen folgende Änderung vor:

Die Punkte 2 und 3 sollten wir in einem Punkt zusammenfassen: „Die zur Zeit gültige Straßenausbaubeitragssatzung wird rückwirkend zum 26.01.2018 aufgehoben.“ Die Beschlussfassung sollte auf der nächsten Stadtvertretersitzung erfolgen.

Zu Punkt 4 sollten wir eine Resolution vorbereiten. Hier liegt noch kein unbedingter Zeitdruck vor.

Punkt 1 sollten wir noch außen vor lassen. Da gibt es von uns noch Fragen an die Verwaltung.

1.) Wie wirkt sich die rückwirkende Aufhebung der Beitragssatzung auf den laufenden Haushalt und auf die Haushalte der Folgejahre aus?
2.) Für die letzten durchgeführten Maßnahmen wüssten wir gerne das genaue Datum der Schlussabnahmen. 3.) Bei zukünftigen Baumaßnahmen wird es sicherlich weiterhin vor Festlegung eines Bauprogramms eine Bürgerbeteiligung geben. Hier könnten gegenüber einer gewissen Standardsanierung durchaus überzogene Wünsche („goldene Bürgersteige“) geäußert werden. Wie sollte dann verfahren werden? Zwei Möglichkeiten wären:

a) Die Anlieger zahlten den Differenzbetrag von der teureren Variante zur Standardvariante. Dann müsste   eine neue Beitragssatzung her. Hätte das dann zeitliche Auswirkungen auf unser zukünftiges   Straßenausbauprogramm? 

b) Die Kommune übernähme den o.g. Differenzbetrag. 

Zur Beantwortung liegt auch hier kein unbedingter Zeitdruck vor. Eine Antwort hängt bei jeder einzelnen Maßnahme vor allem wohl von einer Kostenbeteiligung des Landes ab, wenn sie dann käme.

Abschließend verlese ich folgenden Antrag der FWB-Fraktion zu diesem Thema:  

Zu TOP 14 „Antrag der BALL-Fraktion zum Thema Abschaffung der Anliegerbeiträge beim Straßenausbau“  möge der Hauptausschuss beschließen:  

1.) Der Hauptausschuss empfiehlt der Stadtvertretung, die zurzeit gültige Straßenausbaubeitragssatzung vom 03. März 1999 rückwirkend zum 26.01.2018 aufzuheben.  

2.) Die Verwaltung wird beauftragt, eine Resolution zu erstellen, in der die Landesregierung aufgefordert wird, den Kommunen für die wegfallenden Anliegerbeiträge einen vollen Ausgleich zu gewähren.  

Zusätzliche Fragen an die Verwaltung:

1.) Wie wirkt sich die rückwirkende Aufhebung der Beitragssatzung auf den laufenden Haushalt und auf die Haushalte der Folgejahre aus?
2) An welchen Tagen fanden für die letzten durchgeführten Straßenbaumaßnahmen die Schlussabnahmen statt?
3) Wie soll bei zukünftigen Straßenausbaumaßnahmen verfahren werden, falls die Anlieger für den Ausbau Wünsche äußern, die über ein übliches Maß (Standardsanierung) hinausgehen? Wer trägt die Mehrkosten?   

Bemerkung: Dieser FWB-Antrag wurde bei Stimmengleichheit (4 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung) im Hauptausschuss abgelehnt. In einer weiteren Abstimmung wurde der CDU-Antrag, der die Beantwortung unserer Fragen beinhaltete, bei zwei Enthaltungen angenommen.